Eine neue Studie zum Endometrium Scratching hinterfragt die Technik des Anritzens der Gebärmutterschleimhaut, mit der die Chancen auf eine Schwangerschaft während einer IVF Therapie verbessert werden sollen. Wie effektiv und sinnvoll ist das Endometrium Scratching wirklich?

Was ist Endometrium Scratching?

Das Endometrium Scratching in der Gelbkörperphase des vorangehenden Zyklus vor dem Beginn der Hormonstimulation meint tatsächlich ein leichtes Anritzen der Gebärmutterschleimhaut. Dabei werden zwischen dem 21. und 24. Zyklustag kleine Stücke des Endometriums  mit einer Pipelle von verschiedenen Stellen der Gebärmutterhöhle entfernt. Dieser Eingriff erfolgt durch den Gebärmutterhals. Er ist nicht schmerzhaft, eine Narkose ist nicht notwendig und die Risiken sind als sehr gering einzuschätzen.

Ziel dieser Aktion ist es durch das „Ankratzen“ die Aufnahmefähigkeit der Gebärmutter für den Embryo bei einer IVF oder ICSI zu verbessern. Durch die leichte Verletzung der Gebärmutterschleimhaut soll es wie bei einer Entzündung im Körper zu einer Aktivierung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) kommen. Die Leukozyten sind in Deinem Körper für die Infektabwehr zuständig. Als weiße Blutkörperchen schwimmen sie durch Dein Blutplasma und sind ständig auf der Suche nach Entzündungen oder Verletzungen. Sie schütten bei ihrer Arbeit sogenannte Zytokine aus, das sind Proteine, die für die örtliche Signalübertragung wichtig sind. Durch die durch das Scratching herbeigeführte leichte Verletzung soll diese Signalgebung aktiviert und damit die Einnistung gefördert werden.

Verbesserung der Einnistung?

Für eine Einnistung braucht es einen Embryo, der die Fähigkeit besitzt in die Gebärmutterschleimhaut einzuwandern und sich mit den mütterlichen Gefäßen zu verbinden. Gleichzeitig ist aber auch eine empfangsbereite Gebärmutter wichtig und genau hier will das Endometrium Scratching ansetzen. Allerdings ist die erhoffte positive Wirkung und verbesserte Chance auf eine Schwangerschaft nicht nachgewiesen, Zweifel sind also mehr als berechtigt.

Neue Studie

Eine im New England Journal of Medicine erschienene prospektive, randomisierte offene Studie verstärkt nun diese Zweifel. Dabei wurden 1.364 Frauen untersucht, die eine IVF entweder im Frische- oder Kryozyklus durchführen ließen.

Das Ergebnis: Die Lebendgeburtenrate war in beiden Gruppen (mit und ohne Scratching) mit 26,1% gleich hoch! Das Endometrium Scratching hatte also offenbar keine positive Auswirkung. 

Endometrium Scratching: Time to stop?!

Wenn es Dir vielleicht wie vielen Frauen hier auf kindeshalb so geht, dass sie seit langer Zeit versuchen schwanger zu werden und fast alles tun würden, um ihre Chancen zu verbessern, so möchte ich Dich vor solchen fraglichen Techniken wie das Scratching warnen. Ich kenne das Gefühl unbedingt mehr tun zu wollen, um schwanger zu werden nur zu gut, gleichzeitig gibt es im Bereich der künstlichen Befruchtung eine Reihe von Techniken, deren Wirkung nicht wirklich nachgewiesen ist. Das Endometrial Scratching scheint nach der neuesten Studie keine Vorteile zu bringen, deshalb würde ich mich persönlich hier sehr zurückhaltend verhalten und sicherlich dafür kein zusätzliches Geld im sowieso schon finanziell sehr aufwendigen Therapieprozess ausgeben.

Herzliche Grüße

Silke

Literatur:

  • Sarah Lensen et al.: A Randomized Trial of Endometrial Scratching before In Vitro Fertilization. N Engl J Med 2019; 380: 325 – 334.
  • Ben W. Mol und Kurt T. Barnhart: Scratching the Endometrium in In Vitro Fertilization — Time to Stop. N Engl J Med 2019; 380: 391 – 392.
  • Amerigo Vitagliano et al.: Endometrial scratching for infertile women undergoing a first embryo transfer: a systematic review and meta-analysis of published and unpublished data from randomized controlled trials. Fertility & Sterility, im Druck.
  • Nastri CO, Lensen SF, Gibreel A, Raine-Fenning N, Ferriani RA, Bhattacharya S, Martins WP: Endometrial injury in women undergoing assisted reproductive techniques. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Mar 22;(3):CD009517. doi: 10.1002/14651858.CD009517.pub3.
  • El-Toukhy T, Sunkara S, Khalaf Y: Local endometrial injury and IVF outcome: a systematic review and meta-analysis. Reprod Biomed Online. 2012 Oct;25(4):345-54. doi: 10.1016/j.rbmo.2012.06.012. Epub 2012 Jun 26.
  • Nastri CO, Gibreel A, Raine-Fenning N, Maheshwari A, Ferriani RA, Bhattacharya S, Martins WP.: Endometrial injury in women undergoing assisted reproductive techniques. Cochrane Database Syst Rev. 2012 Jul 11;7:CD009517. doi: 10.1002/14651858.CD009517.pub2.
  • Sachin A Narvekar, Neelima Gupta, Nivedita Shetty, Anu Kottur, MS Srinivas, and Kamini A Rao: Does local endometrial injury in the nontransfer cycle improve the IVF-ET outcome in the subsequent cycle in patients with previous unsuccessful IVF? A randomized controlled pilot study. J Hum Reprod Sci. 2010 Jan-Apr; 3(1): 15–19.

Foto: Bigstockphoto.com ©  dashkindobrui